Erinnern und gedenken: 8. Mai

Das Datum 8. Mai erinnert an das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Es ist nicht nur ein zentrales historisches Datum der europäischen Geschichte, sondern auch ein eindeutig positiv besetztes. Wie sollen und wollen wir mit diesem Tag umgehen: Sollte es vielleicht ein arbeitsfreier nationaler Feiertag wie in manchen anderen Ländern werden, wie es gelegentlich gefordert wird ?

Nicht eingehen will ich bei der Antwort auf provozierende Positionen, die mit der Kapitulation als Schande für das deutsche Volk argumentieren oder auf der anderen Seite sich über die Niederlage eines „Scheiss Deutschland“ freuen, das sie generell und auch heute hassen. Stattdessen gehe ich von einem Feiertag aus, wie er in der Praxis aussieht: Das Wetter sollte schön warm sein und es sollte nicht regnen, der Tag sollte geeignet sein für Ausflüge, Biergärten und Eiscafes. Beim Datum 8. Mai drängt sich da ein Vergleich zum 17. Juni auf, dem früheren Tag der Deutschen Einheit. Entstanden als Erinnerung an dramatisches Geschehen und als Mahnung blieb nach Jahren für die meisten Bürgerinnen und Bürger nicht mehr davon übrig als ein Ausflugstag; für viele Politikerinnen und Politiker wurde es der Tag eines mehr oder weniger geschätzten Pflichtauftritts. So einen Feiertag kann niemand wollen.

Das zerstörte Faldern gegen Ende des 2. Weltkrieges

Der 8. Mai steht für die Niederlage eines menschenverachtenden Regimes. Er bedeutete für viele Opfer der Nationalsozialisten endlich das Ende von Raub, Gewalt und Sterben, tatsächlich Befreiung, und er symbolisiert Millionen Menschen, die das Leiden nicht überlebt haben. Der 8. Mai steht für nie erlebte Zerstörung und Brutalität. Er ist auch für viele deutsche Frauen und Männer ein Symbol für Verlust und Vertreibung, Leid und Tod, für Menschen, die selbst nicht in persönliche Schuld verstrickt waren. Der 8. Mai steht ebenfalls dafür, dass viele Täter, die an der Terrorherrschaft beteiligt waren, sich ihrer Verantwortung entziehen konnten. Und er steht schließlich in Teilen Deutschlands und Europas als Ausgangspunkt für eine neue Diktatur.

Wenn heute der 8. Mai zuerst einmal als ein Tag der Befreiung gesehen wird, ist das ist eine richtige und wichtige Sichtweise, aber es gibt weitere Aspekte, die ebenfalls nicht vergessen werden dürfen. In vielen Reden, Kommentaren und anderen Medienbeiträgen finden sich mit dem heutigen Abstand zum Geschehen auch  Gedanken, die manch unterschiedliche und wohl auch widersprüchliche und unangenehme Seite des 8. Mai beleuchten. Denken wir nur an Themen wie den Verlust der Heimat von Deutschen im Osten Europas oder die Vergewaltigungen deutscher Frauen bei Kriegsende. Das sind keine Gründe für Feierlichkeiten.

Meine Antwort schießlich: Der 8. Mai ist auch für Deutschland und Deutsche kein Tag des Trauers, sondern ein Tag der Freude ! Er ist kein Tag zum Feiern. In anderen Ländern mag das mit Recht so gesehen werden, aber bei uns muss an diesem Tag differenziertes Erinnern und Gedenken stattfinden, muss gesprochen, weiterhin nachgefragt und reflektiert werden. Dabei werden auch immer noch unangenehme Wahrheiten ans Licht kommen und müssen ausgehalten werden, bei der Betrachtung der beiden deutschen Staaten und ihrer Geschichte der letzten 75 Jahre wie auch in vielen, vielen Familien und ihrer ganz persönlichen Einbeziehung in die deutsche Geschichte. Eine ganz wichtige Rolle beim Erinnern und Gedenken müssen die Schulen und alle anderen Bildungsstätten spielen, aber auch zum Beispiel für die Kirchen oder viele Vereine gilt es, auf die  Verstrickungen in der Vergangenheit zu schauen.

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